Mailand oder Madrid - Hauptsache Italien!

 

  Ein Bericht von Steffen Lucas

Zur Vorgeschichte:

Schon seit längerer Zeit juckte es einige Eishockeyverrückte aus dem Mannheimer Umfeld, mal ein Spiel in Bella Italia zu besuchen. Ende letzten Jahres wurden die Planungen konkreter, um dann doch wieder über den Haufen geworfen zu werden. Schön, dass letztenendes doch was aus dem Länderpunkt wurde. Mitte vergangener Woche erschien der Spielplan für die Zwischenrunde der italienischen Seria A. Am Donnerstag entschlossen wir uns kurzfristig, samstags zum Heimspiel der HCJ Milano Vipers gegen den HC Fassa zu fahren.

Warum gerade Mailand? Wie einige wohl wissen, spielt dort der ehemalige Adler Patrice Lefebvre. Damit nicht genug. Mit Jason "Psycho" Muzzatti, Leo Insam, Rob Cowie, Thomas Sjögren, Bruno Zarillo, Joe Busillo, Mario Chitarroni, Scott Beattie und Dino Felicetti stehen gleich noch neun weitere ehemalige DEL-Cracks bei den Vipers unter Vertrag.

Mit dem HC Fassa konnte ich eigentlich wenig anfangen. Doch ein Blick auf die Homepage zeigte mir, dass dort unser ehemaliger Co-Trainer Ron Ivany an der Bande steht. Das ließ unsere Vorfreude auf den Trip noch etwas weiter steigen....


Die Anfahrt:

Um 8:31 Uhr gabelte ich mit einminütiger Verspätung Stefan am Friedrichspark auf. Der Startzeitpunkt war ein Kompromiss aus meinem Wunsch, etwas länger zu schlafen und der Angst von Thomas, wir könnten Ticketprobleme bekommen. Von da aus ging es weiter nach Ladenburg, wo die Vollstrecker Thorsten und Thomas zustiegen. Die Fahrt verlief ohne große Probleme. Erste (Kaffee-)Pause um 11 Uhr. Eine Dreiviertelstunde später fallen wir (mal wieder) in der Schweiz ein. Und auch beim aber-x-ten Mal werd ich nicht müde, ins Schwärmen zu geraten. Landschaftlich ist dieses Land einfach einmalig. Bei strahlendem Sonnenschein nähern wir uns den Alpen. Um 13:30 Uhr verlassen wir inoffiziell die Schweiz, eine knappe Viertelstunde später verlassen wir den Gotthard-Tunnel.  Dazwischen liegen 17 km, während der die Außentemperatur von 3 auf 27 Grad im Tunnelinnern ansteigt.

Da wir gut in der Zeit liegen, können wir uns den Luxus erlauben, zwei Foto-Shootings einzulegen. Zunächst machen wir in Ambrì-Piotta Halt. Glücklicherweise findet dort gerade ein Bambini-Turnier o.ä. statt, so dass wir auch in der Halle Bilder machen können. Eine Stunde später dann das gleiche Spielchen in Lugano. Beim Anblick der Resega hat Thomas einen Gesichtsausdruck, den man normalerweise nur bei Frischverliebten entdecken kann. Dass er nicht sabbert, ist gerade alles.  In Lugano herrschen frühlingshafte Temperaturen von 14 Grad. AUf dem Weg zurück zur Autobahn sehen wir auch noch etwas von der wunderschönen Stadt und dem See. Dann aber geht es weiter Richtung Mailand. Gleich nach der Grenze legen wir nochmals eine Pause ein, die Stefan und ich dazu nutzen, eine italienische Pizza anzutesten. Das Ergebnis fällt zu unserer Zufriedenheit aus.


Die Suche nach der Eishalle:

Clevererweise habe ich mir vor dem Trip eine Wegbeschreibung zur Halle ausgedruckt. Die richtige Abfahrt erwischen wir noch und passieren auch wie erhofft das Guiseppe Meazza Stadion (was ein Trümmer!), doch dann beginnt die Sucherei. Nach einer kleinen Stadtrundfahrt und mehreren Schleifen haben Stefan und Thomas die Schnauze voll und erkundigen sich in ihrem besten Italienisch nach dem Weg. Gar nicht so einfach, jemanden zu finden, der in Mailand überhaupt weiß, was Eishockey ist. Schließlich wird aber doch noch alles gut und eine Stunde vor Spielbeginn stellen wir den Wagen vorm Stadio del Ghiaccio Agorà ab. Bis dahin darf ich mich davon überzeugen, dass die Gerüchte über italienische Autofahrer nur insofern Gerüchte sind, dass sie eigentlich noch schlimmer sind als man sie macht. Glühbirnen für Autoscheinwerfer scheinen in Norditalien ein kostbares und seltenes Gut zu sein. Unglaublich, wieviele Leute mit Abblendlicht, nur einem Scheinwerfer oder ganz ohne Licht durch die Gegend fahren. 


Die Eishalle und das Spiel:

Die Halle fasst 4000 Zuschauer. Von außen macht der Bau einen recht modernen Eindruck. Das Innere ist nicht gerade umwerfend, auch wenn der Laden keine Bruchbude ist. Ein regelrechter Fanshop existiert nicht, aber wie man uns freundlich mitteilt, wird kurz vor Spielbeginn noch ein provisorischer Fanstand aufgebaut, bei dem wir uns dann auch mit Pins und Aufnähern eindecken. Ehe sich Thomas versieht, hat er bereits einen Schal getauscht. Wobei der nette Herr gegenüber erst nach dem Tausch auf die Idee kommt, mal nachzufragen, was er denn da überhaupt ergattert hat. Überhaupt sind die Mailänder uns gegenüber sehr freundlich und aufgeschlossen. Ein weiteres Positiverlebnis also.

Wie im Vorfeld schon zu erfahren war, fällt Patrice Lefebvre leider verletzungsbedingt aus. Beattie und Insam sind ebenfalls nicht mit dabei. Aber der Rest der oben genannten Spieler läuft auf. Und sie enttäuschen uns nicht: Jason Mu(h)zatti ist noch der gleiche Psycho wie früher und Mario Chi(qui)tarroni hat nichts von seinem Giftzwerg-Image eingebüßt. Im ersten Drittel kontrollieren die Vipers das Geschehen und führen folgerichtig mit 2:0. Im Mitteldrittel kassiert Muzzatti ein rechtes Ei. Danach kommt Fassa etwas besser ins Spiel, aber richtig zwingend ist das nicht. Noch vor der Pause erhöhen die Gastgeber auf 4:1. Am Ende steht ein ungefährdeter 6:2-Erfolg.

Ein paar Worte zur Stimmung: Die offizielle Zuschauerzahl beträgt 1486. Knapp 100 davon machen Stimmung, das aber tatsächlich über 60 Minuten. Zumindest einer von ihnen, der unentwegt per Mikro den Rest über zwei Lautsprecher beschallt. Das ganze hat etwas von "Mailand sucht den Superstar", ist aber recht effektiv. Ich glaub, wenn die Kurver voll besetzt wär, würd das Hallendach abheben. Das Mailänder Liedgut ist recht abwechslungsreich. Mal schauen, ob wir davon demnächst etwas im Friedrichspark zu hören bekommen....


Die Heimfahrt:

Gegen 21 Uhr sind wir wieder am Auto und ernten noch einige ungläubige Blicke der Mailänder, als die das Kennzeichen meines Wagens sehen. Kurz nach der Abfahrt erlebe ich noch ein weiteres Beispiel italienischer Fahrkunst. Als ich mich an einer roten Ampel links eingeordnet habe, fährt links von mir ein Wagen vorbei. Der Fahrer tastet sich vorsichtig auf die Kreuzung und biegt dann links ab. Unglaublich! 

Die Fahrt verläuft ohne Vorkommnisse. mal davon abgesehen, dass Stefan und Thorsten die ganze Rückfahrt nur am Quasseln sind. Die Fahrt zurück durch die Alpen bietet trotz der Dunkelheit einige wunderschöne Bilder, weil das Mondlicht von den schneebedeckten Bergen reflektiert wird. Auch die Lichtermeere in einigen Tälern sind sehenswert. Mein persönliches Highlight ist die beleuchtete Burg von Bellinzona.

Gegen halb 3 nachts sind wir wieder in Ladenburg und eine Dreiviertelstunde später hab ich es auch wieder in die heimische Burg geschafft. Über 1200 km liegen hinter mir. Trotz allem war die Tour nicht so stressig wie befürchtet. Auf alle Fälle hat sie sich rentiert. Wahrscheinlich habe ich bei meinem Bericht noch ein paar Sachen vergessen, aber das ist mir im Moment auch egal. Mal schauen, wohin der nächste Ausland-Trip geht....

PS: Thomas, Du warst wirklich in Mailand!

PPS: Tüüüüüdeee!