Begonnen hat alles vor 2 Jahren. Bewerbungsbeginn für eine Stelle als Volunteer. Drei Bewerbungsphasen waren nötig um sich Hoffnungen auf eine von fünfzehntausend stellen als Helfer zu bekommen. Lange hörte man nichts, und ich hatte es bereits aufgegeben, als plötzlich im Dezember letzten Jahres das Telefon klingelte.

Das Organisationskomitee der Außenstelle Kaiserlautern war am anderen Ende um mir mitzuteilen, daß ich für ein Vorstellungsgespräch eingeladen bin. Endlich, jetzt musste nur alles klappen und ich machte mich voller Freude in die Pfalz.

Da das Gespräch super klappte und man mir sagte das man sich meldet, musste ich wiederum drei Monate warten bis endlich das okay kam. Juhu, ich war dabei. Im bereich Logistik. Und wie sich herausstellte, eines von den besten Jobs, da man immer an der Quelle sitzt wenn etwas vor Ort fehlt usw. Wie sich dann noch herausstellte, war Ralle vom Fanclub Bully Tor auch in meiner Gruppe. Jaja die Welt ist schon klein.

Nun begann die leidige Diskussion mit der Urlaubplanung. Lange wurde hin und her diskutiert bis ich meinen Chef weich geklopft hatte. Die ganze WM Urlaub, plus noch paar einzelne Tage die ich vorher noch brauchte.

Als Volunteer bekommt man zwar kein Geld, aber ich wurde komplett von Adidas eingekleidet, bekam eine kostenlose Fahrkarte sowie Essen und Trinken frei. Beim Vorstellungsgespräch wurde mir aber auch mitgeteilt, daß ich Spiele über die volle Länge kaum sehen könnte. Egal, Hauptsache dabei.

Mitte Mai begannen dann schon die Planungen. Mit Ende der Bundesligasaison und dem Abstieg des FCK, wurde erstmal begonnen, daß komplette Stadion auseinander zu nehmen. Neuer Rasen, neue Pressetribüne, Werbebanden und sogar neue Sitze mussten montiert werden, da die alten nicht dem Fifa Standard entsprachen.

Da ich im Bereich Logistik bin, waren die Tage vor dem ersten Anpfiff hart. Ich kam mir vor wie ein Möbelpacker, Telekommitarbeiter und Teppichverleger in einem vor. Im ganzen Stadion mussten Bildschirme, Laptops, Drucker, Scanner, Möbel usw. angeliefert werden, so daß kaum Zeit zum verschnaufen blieb.

Franz Beckenbauer und Sepp Blatter bekamen eine eigene VIP Box, Plastikstühle wurden zu Modesesseln. Ein Aufwand für nur fünf Spielen. Unglaublich aber wahr. Dazu kam noch das Problem, daß Kaiserslautern in und um das Stadion ziemlich eng ist und kaum Platz vorhanden war. Hätte man nicht Fritz Walter in früheren Tagen gehabt, hätte dieser Standort kein WM Spiel gesehen.

Die Vorbereitungen waren getroffen, und der 12 Juni stand vor der Tür. Erstes Spiel. Australien gegen Japan. Ich machte mich schon morgens auf den Weg nach Kaiserslautern. Schon am Mannheimer HBF waren nur Japaner und Aussis zu sehen. So viele auf einen Haufen. Ein Stehplatz im Zug war reserviert.

Endlich angekommen, wurde auch schon die Ansage am Bahnsteig gemacht "Willkommen im Fifa WM Bahnhof Kaiserslautern" das ganze auch noch auf Englisch und Japanisch. Naja die Welt zu Gast bei Freunden. Hätten sie lieber durchgesagt "Willkommen in der 2.Liga" ich hätte mich mehr gefreut.

Jetzt musste man sich erstmal aus dem völlig verstopften Bahnhof quälen. Die Fan bzw. Partymeile waren schon Stunden zuvor völlig überlastet. Schwarzmarkthändler ohne Ende. Jetzt schnell ein paar Bilder machen und ab ins Volunteer Center wo ich erstmal meine Ruhe hatte.

Da an diesem Tag sechs Stunden vor dem Spiel nichts mehr angeliefert werden durfte und der Weg zum Stadion für Autos schon gesperrt war, konnte man sich noch schön gemütlich ausruhen. Jetzt kamen die Sicherheits Volunteers zum Einsatz. Diese haben nur fünf Mal einen Einsatz, und von tuten und blasen keine Ahnung, während ich 29 mal im Einsatz bin.

Noch 30. Minuten bis zum Anpfiff, und endlich kam vom Volunteer Chef das grüne Licht. Stadion zwar ausverkauft, aber es gibt noch paar Plätze. Also nichts wie raus und hoch ins Stadion. Im Stadion angekommen, machte ich mich erstmal in die Aussis Kurve. Gut und gerne 10.000 dürften an diesem Tag im Stadion gewesen sein. Als die Nationalhymne der Aussis kam, lief es mir eiskalt den Rücken herunter. Was eine Sangeskunst, während man bei der Japanischen Hymne sicher keine Schlaftabletten gebraucht hätte. Man war die langsam.

Das Spiel begann und die Australier machten aus dem Stadion einen Hexenkessel. Eine Chance nach der anderen rollte auf das Tor von Kawaguchi. Diese Chancen wurden aber nicht genutzt. Wie es dann im Fussball so ist, nutze Japan seine erste Chance in der 30.Minute. Ein umstrittener Treffer, da Torhüter Schwarzer behindert wurde. Der Schiedsrichter gab aber den Treffer und Nakamura konnte sich darüber freuen. Nun tobte natürlich der Anhang der Japaner. Laut OK Komitee waren diese mit 20000 Leuten im Stadion und klar in der Überzahl. Natürlich hatte jeder schön einen Fotoapparat dabei.

Danach verflachte das Spiel, und es ging mit 0-1 in die verdiente Pause, da an diesem Tag eine Wahnsinns Hitze herrschte. Nun begab ich mich in den Japanischen Block. Zum Glück waren hier noch ein paar Plätze frei und ich konnte das treiben unter der roten Sonne begutachten.

Ich war recht erstaunt was für eine Stimmung diese Japaner an den Tag legten. Kaum eine Pause. Immer wieder Gesänge. Verstanden habe ich natürlich nichts, aber der Rhythmus der Gesänge war schon klasse.

Von den Aussis war nichts mehr zu hören. Totenstille bei den den Soccerroos. Japans Spieler enttäuschten mich auf ganzer Linie. Nichts lief zusammen, während bei den Aussis kaum ein richtiger Abschluss zustande kaum. Langeweile war aber nicht angesagt, weil immer wieder Nippon Gesänge meine Ohren platzen ließen. Man waren die laut.

Es waren noch 10.Minuten zu spielen. Eigentlich war das Spiel für mich zugunsten der Japaner entschieden. Australien hatte mittlerweile vier Stürmer auf den Platz. Endlich gelang in der 84.Minute mal ein Vorstoß, den Tim Cahill eiskalt nutzte. Ein Kneull von gelben Fans lag sich in den Armen. Verdienter Ausgleich. Wer aber gedacht hätte das die Japaner endlich mal den Mund halten würden, sah sich getäuscht.

Diese hat es anscheinend gar nicht interessiert das der Ausgleich gefallen war. Immer schön weitersingen. Entweder macht das der Reiswein oder sie hatten einen Sonnenstich schon vor dem Spiel erlitten. Es waren noch wenige Minuten zu spielen, als ich mich von meinen Platz begab. Wollte nicht in die Massen kommen und entschloss mich ins Volunteer Center zurück zugehen. Ich war gerade hinter der Osttribüne als ein lauter Torjuble aufbrauste. Eigentlich hatte ich gedacht das Japan wieder in Führung gegangen ist, da diese ja zum Teil auf dieser Osttribüne saßen.

Also rannte ich noch Mal hoch. Oben angekommen bekam ich noch ein Tor mit. Ich musste erstmal meinen Kollegen fragen wie viel es denn steht, da diese Japaner immer noch sangen. Da hatte doch wiederum Tim Cahill in der 89.Minute die Aussis noch in Führung gebracht und in der Nachspielzeit traf Aloisi noch zum 3-1. Was ein Endspurt. Die Australier waren natürlich am ausrasten. Der erste WM Sieg bei der zweiten Teilnahme nach 1974.

Die Japaner schlichen vom Platz. Nur wenige Spieler fanden den weg in die Kurve. Dennoch waren diese Fans trotz der erlitten Niederlage kurz vor Ende positiv aufgelegt. Ich glaube ich wäre ausgerastet. Spieler des Tages wurde der zweifache Torschütze Tim Cahill. Ein verdienter Sieg der Aussis. Mit dieser Leistung wie sie in den ersten 30.Min und in den letzten 20.Min gezeigt wurde, werden sie bis zum Schluss mit Kroatien den zweiten Platz ausmachen.

Es sei hierzu noch gesagt, daß der zweiplatzierte der Brasilien Gruppe gegen den ersten der Italien Gruppe ein Achtelfinale in Kaiserslautern austragen wird.

Nun standen noch ein paar wenige Arbeiten in und um das Stadion an, die man aber gerne machte, da man sich 90.Minuten WM Fussball kostenlos reinziehen durfte. Schon jetzt hat es sich für mich gelohnt.

Noch etwas am rande. In Kaiserslautern habe ich kaum gesehen, daß die Eintrittskarte mit dem Personalausweis verglichen wurde. Würde mich mal interessieren was dieses ganze hick hack mit dem Kartensystem zu bedeuten hat, wenn schon nicht kontrolliert wird.

Auf der Heimfahrt hatte manch Japaner Probleme mit dem umsteigen. So musste eine komplette Reisegruppe in Neustadt aus dem Zug und in Richtung Karlsruhe. Nur konnten diese weder Deutsch noch Englisch bzw. konnten die deutschen Schriftzeichen nicht entziffern. Wie sich herausstellte, gab es mehrerer Charterflüge vom Baden Airport. Tokio/Baden-Baden/Kaiserslautern und zurück innerhalb von nur 33 Stunden, und geschlafen wird über den Wolken. Was ein Reisesnack. Da soll mal einer sagen wir wären verrückt wenn wir mal z.b nach Hamburg fahren.

Italien - USA

Das zweite Spiel stand in Kaiserslautern auf den Plan. Italien gegen USA. Der dickste Brocken für Kaiserslautern was die Sicherheit betrifft. Schon am Vortag durfte man weder beim Training der USA noch von Italien zuschauen, da das US Team im Zeichen der Sicherheit stand.

Wer schon Mal in Kaiserslautern war, kann sich bestimmt erinnern, daß neben dem Betzenberg zwei Hochhäuser stehen. Pikant an dieser Sache war, daß jeder Bewohner (wenn er nicht gerade im ersten Stock wohnt) Einsicht in den VIP Bereich hat, da dieser mit Glas ummantelt ist und man dort vom Wohnzimmer Einblick in die Schlemmerlandschaft hat.

Da diese Glasscheiben nicht aus Panzerglas sind, wurde schon vor Wochen diskutiert wie man das Problem lösen könnte. Anwohner dieser Hochhäuser mussten komplett die Rollläden schliesen. Wer aber den Wohnkomplex verlassen wollte, konnte diesen erst 4 Stunden nach dem Spiel wieder betreten. Dazu waren auf dem Dach Scharfschützen postiert. Die Welt zu Gast im Knast.

Im Logistik Bereich gab es in den letzten Tagen nicht viel zu tun, da das meiste schon vor dem ersten Spiel erledigt wurde. Das US Team gastierte Tage zuvor im US Standort Ramstein, unweit von Kaiserslautern entfernt. Wieder kam bei uns die Frage auf, ob wir wenigsten etwas vom Spiel mitbekommen würden.

Aber diesmal hatte es den Anschein das es keine Chance geben würde. Unser Volunteer Chef war seit zwei Tagen schon gereizt und hatte eine große Anspannung. Es wird nicht gerne gesehen wenn Volunteers zwischen den Aufgängen stehen, da der Sicherheitsbereich sonst den Fluchtweg versperren würde.

Da zumal an diesem Tag hoher Besuch angesagt war. Zugegen waren Franz Beckenbauer, Sepp Blatter, Angela Merkel, Romano Prodi, Uwe Seeler uvm.

Der Tag an dem Spiel verlief erstmal beschissen. Ich hatte mit Ralle von Bully Tor Dienst und traf mich wie immer am HBF mit ihm. Diesmal früher, weil ich nicht schon wieder stehen wollte. Aber hatten keine Chance, die S-Bahn aus Heidelberg war schon proppevoll.

Ein Mischmasch von Italiener, Amerikanern und Deutschen lieferten sich bis KL heftige Liedauseinandersetzungen. Naja wenigstens war Unterhaltung angesagt.

Diesmal war es noch voller in der Stadt als beim Japan-Australien Spiel. Polizei ohne Ende. Hubschreiber kreißten hin und her. Ich fühlte mich wie auf Alcatraz.

Im Volunteer Center angekommen, wurde die Stimmung noch mal gedrückter. Unser Sicherheitschef wollte heute keinen im Stadion sehen der auch nichts im Stadion etwas zum arbeiten hat. Rausgekommen war, daß Volunteers die in Kaiserslautern angestellt waren, tags zuvor mit Ihrer Akkreditierung in Stuttgart Zutritt zum Stadion wollten, aber dabei erwischt wurden. Wie blöd kann man nur sein? Zumal, wer will schon ein Spiel der Holländer sehen? Anzeige wegen Betrugs ist garantiert und ausgeschlossen wurden diese Personen auch.

Toll, kein Spiel dachten alle. Ich macht mich mit Ralle auf dem Weg zur Fanmeile. Aber No Way. Diese war hoffnungslos verstopft. Also wieder zurück und das Spiel im Center auf der Leinwand schauen. Dort angekommen musste man feststellen, daß fast keiner da war. Noch 10 Minuten bis zum Anpfiff. Hatten sich also doch einige gewagt hochzugehen.

Mein Chef kam und fragte uns ob wir gerade Zeit hätten. Nein dachte ich, nicht jetzt was arbeiten, nicht jetzt wo das Spiel gleich beginnt. Wir wollten uns gerade setzen, als er uns sagte das doch noch Plätze freigegeben wurden und es doch Zutritt für uns gibt. Jetzt war mir klar wieso keiner da war.

Er hatte noch nicht ausgesprochen, da waren wir schon weg. Nichts wie hoch auf den Betze. Man hatten wir ein Glück. Der Italien Block war aber besetzt, und so mussten wir uns zu den US Fans begeben. Wir sich im Spielverlauf herausstellt, die beste Wahl was uns passieren konnte.

Gleich vorweg, die Italiener waren mächtig in der Überzahl. Aber Stimmung? Nichts. Tote Hose. Enttäuschung pur. Das hätte ich nicht gedacht. Da merkte man das die meisten aus Deutschland kamen und der Italienische Flair in der Heimat geblieben ist.

Das Spiel begann und die US Fans machten mächtig dampf. Hätte ich nicht gedacht. Lag wohl daran, daß kein Videowürfel irgendwo war bzw. die Anzeigetafel keine klatschende Hände anzeigte.

Das Spiel war in den ersten Minuten vom Kampf geprägt. In der 22 Minute zappelte der Ball dann auch im Netz. Nach schöner Kopfballvorlage von Pirlo, gelang Gillardino das 1-0. Auftakt nach maß. Wer aber gedacht hätte das US Team bekäme eine Packung sah sich getäuscht.

Postwendend gelang dem US Team der Ausgleich. Ein Eigentor durch Zaccardo in der 27.Minute. Jetzt tobten die Amerikaner. Laute USA rufe hallte durch das weite Rund, während von den Azurris nur Italia rufe zuhören waren. Das war auch das einzige im ganzen Spiel was von denen zuhören war.

Ziemlich angefressen vom Ausgleich, brannten dem Italiener De Rossi in der 28.Minute die Sicherungen durch. Ellenbogencheck und Rote Karte. Selbst schuld. Danach musste Trainer Lippi umstellen und nahm Totti vom Platz. Dieser war schon vorher nicht aufgefallen.

Alle richteten sich auf den Halbzeittee ein, als noch mal Farbe ins Spiel kam. Nach einem Foul durch Mastroeni, sah auch dieser die Rote Karte. Eine böse Grätsche und das in der 45.Minute.

Auch die zweite Halbzeit begann mit einem Platzverweis. Pope hatte schon Gelb gesehen und musste schließlich mit Gelb-Rot vom Platz. Gespielt waren gerade mal 47.Minuten. Jetzt mussten neun Amerikaner gegen 10 Italiener durchhalten.

Aber von den Italiener war nichts zu sehen. Immer durch die Mitte oder lange Pässe, während das US Team trotz zwei Mann weniger noch frech mitspielte. Mitte der Partie gelang McBride sogar der vermeintliche Führungstreffer. Dieser wurde aber wegen Abseits nicht gegeben.

Jetzt Stand Keller im Mittelpunkt der Partie. Wenn etwas zustande kam von den Italienern dann machte Keller die Chancen mit tollen Paraden zunichte. Zurecht wurde dieser lautstark gefeiert. Die Azzuris lagen aber mehr auf dem Platz als das sie spielerisch einen angeschlagenen Gegner auseinandernehmen konnten. Laute "Bullshit Bullshit" rufe der US Fans waren die Folge.

Das Spiel endete schliesslich mit 1-1. Völlig verdienter Punkt der USA. Da war Kampf und Leidenschaft zu erkennen, während Italien mehr durch Fallsucht und spielerischen Mängel auf sich aufmerksam machte. Im letzten Spiel gegen Tschechien ist mit dieser Vorstellung eine Niederlage vorprogrammiert.

Keller wurde zum Spieler des Spiels gewählt. Das Spiel war nicht so der Knaller, aber Hauptsache dabei. Positv war die Stimmung der Amerikanischen Fans.

Da wegen der hohen Sicherheit kein Arbeiten mehr möglich war, machte man sich in der überfüllten S-Bahn auf dem Heimweg. Diesmal mit Sitzplatz.