The Mannheim Crowd Made The Night Special

 

  Ein Bericht von Thorsten Schäffner

Im Jahre 1938 fanden die ersten offiziellen Spiele der amerikanischen National Hockey League auf europäischem Boden in Paris und London statt. Damals trafen die Montreal Canadiens auf die Detroit Redwings.

Nachdem bis ins 20te Jahrhundert immer mal wieder Test- und Showspiele in Europa wie auch in Japan absolviert wurden, begann 2007 ein weiteres Kapitel oder Experiment der NHL-Macher, um den europäischen Markt zu erobern:
Mit den Anaheim Ducks schickte man den amtierenden Stanley-Cup Sieger nach London,  um gegen die benachbarten Los Angeles Kings im Hin- und Rückspiel Modus zwei offizielle Ligaspiele auszutragen.

Das Experiment gelang und wurde um Testspiele erweitert.
Mit einem vom Sponsor geschmückten Namen fand 2008 die "Bridgestone NHL Premiere" in Prag und Stockholm statt.
Die New York Rangers kämpften gegen Tampa Bay in Prag, während Pittsburgh und Ottawa sich in Stockholm gegenüber standen.
Im Vorfeld der Begegnungen fanden sechs Testspiele gegen lokale Mannschaften statt.

2009 waren wiederum Stockholm und Helsinki die Standorte für die "Compuware NHL Premiere Series". Chicago gegen die Florida Panthers in Helsinki und Detroit gegen St. Louis in Stockholm hießen die Begegnungen.

Als deutscher Eishockey-Fan hoffte man bisher vergeblich auf NHL-Spiele in unserem Land. Als die NHL verlauten ließ, dass 2010 6 Mannschaften den Weg zu drei verschiedenen Standorten nach Europa sich aufmachen würden, keimte wieder Hoffnung auf. Diese wurde jedoch nach der Veröffentlichung der Mannschaften und Orte leider zerschlagen:
Bosten spielt gegen Phoenix in Prag, Carolina gegen Minnesota in Helsinki und Columbus gegen San Jose in Stockholm.

Aber wie bereits erwähnt, finden im Vorfeld der offiziellen Begegnungen immer auch Testspiele statt - und mit den San Jose Sharks und deren Sponsor SAP gibt es immerhin eine Verbindung nach Walldorf bzw. Mannheim.

Die Freude war groß, als dann auch endlich das erhoffte Event angekündigt wurde.
Die San Jose Sharks messen am Samstag, 2. Oktober 2010 in der SAP Arena ihre Kräfte gegen die Adler Mannheim.

Leider gab es im Vorfeld des Spiels meiner Meinung nach unnötige Diskussion über das Eintrittsgeld, denn Dauerkarteninhaber mussten für dieses Spiel ein Extraticket kaufen - bekamen aber einen Nachlass. Letztendlich war jedoch jeder Cent des Eintrittsgeldes berechtigt!

Der Spielplan in der DEL sah als Appetithappen ein Ligaspiel gegen die Hühner aus Iserlohn vor. Nach zwei Niederlagen am vergangenen Wochenende mussten die Adler daher Freitags etwas zeigen und konnten sich nicht für Ihr Highlight schonen. Mit 3 zu 0 wurde die Hühner auf die Autobahn zurück gejagt - Platz frei für die Haie.

Irgendwie war es schon eine seltsame und knisternde Atmosphäre an diesem Samstag vor dem Stadion. Man sah Eishockey-Fans aus ganz Deutschland und ein Haufen NHL-Trikots wurden spazieren getragen - und es waren nicht immer die der Sharks!

Die Arena war ausverkauft - sogar Eurest unser allseits beliebter Caterer ließ sich nicht lumpen und bot an den Fressbuden amerikanische Spezialitäten wie Hot Dogs, Hamburger und Onion Rings an!

Das Schlachtfeld war also bereit und die Akteure schwebten ein - manch einer sogar ohne Helm, was wiederum einige Zuschauer verwunderte. Aber so sind sie halt die Kerle aus der NHL - warm machen geht auch ohne Helm.
Durchweg große kompakte Spieler mit einer exzellenten Puckführung und  einem sagenhaften Handgelenkschuss konnte man erblicken und durfte ein wenig staunen.

Das Spiel und das drumherum waren ganz im NHL-Stil aufbereitet. D.h. es wurde nach den Regeln der NHL gepfiffen (ich liebe Touch Icing!), unser Schiri Pizza-Check durfte eine Lehrstunde bei seinem amerikanischen Bruder nehmen und natürlich wurden im Vorfeld die Hymnen geträllert. Hier kann man sich bei der Popakademie eigentlich immer auf Qualität verlassen, doch die Dame hatte wohl etwas zu viel Respekt an diesem Tag. Beide Hymnen wurde sehr extrem interpretiert und die Lady rechnete wohl nicht damit, dass ca. 12.000 Deutsche Ihre Hymne mitsangen, jedenfalls war einer immer zu schnell...

Das Spiel ging los und Mannheim nahm die Zügel in die Hand und konnte nach 4 Minuten den ersten Treffer von Klinge bejubeln!
Äh Moment - was stimmt hier gerade nicht? Nein, nein, es stimmt alles. Wir rieben uns die Augen, die Sharks waren gedanklich noch in der Kabine oder hatten Jetlag oder kamen mit der großen Eisfläche nicht zu recht, haben uns unterschätzt - was auch immer, jedenfalls zeigten die Mannheimer eine couragierte Leistung und nahmen den Kampf an. Allen voran Mister Denis Reul - er war wieder in seinem Element, das merkte man.

Eins habe ich noch bei dem Kapitel "Typisch NHL" vergessen: Da das Spiel wohl auch in Amerika übertragen wurde, gab es die typischen Commercial Breaks inklusive den Goal-Area-Cleanern!
Für alle die, die gerade nicht wissen, von was ich spreche, hier die Aufklärung: Wird das Spiel durch den Schiedsrichter unterbrochen, erfolgt ca. 3 bis 4 mal pro Drittel eine Werbepause. Die Akteure fahren zur Spielerbank und fleißige Helfer räumen den Torraum und den Bereich der Spielerbande vom Eis frei.
Das tolerante Mannheim begleitete diese Pause übrigens mit einem Pfeifkonzert...

San Jose konnte mit der Zeit den Druck spürbar erhöhen und Mannheims Torhüter-Duo stemmte sich 55 Minuten lang gegen das Gegentor. Freddy durfte nach 29 Minuten seinen Arbeitsplatz verlassen und Lukas Lang zeigte ebenfalls eine herausragende Leistung.

Joe Thornton gelang dennoch der Ausgleich in der 54. Minute. Anschließend wollte unser Freund Pizza-Check auch mal beweisen, dass er heiße Luft in sein Drillerpfeifchen pusten kann und pfiff uns eine 3 gegen 5 Situation. Hier schlug dann Setoguchi zu.
Die Arena war still und die Enttäuschung war sowohl Spielern als auch den Zuschauern anzumerken. Doch Mannheim gab nicht auf und wurde mit einem Powerplay belohnt (wollte da jemand etwas ausgleichen???). Jame Pollock nutzte die Gelegenheit zum laut umjubelten Ausgleich. In einem Blog schrieb Pollock, dass er die SAP Arena noch nie so laut empfunden hatte...

In der Overtime schießen wir ihn rein - der Song hat uns noch nie geholfen - auch an diesem Samstag nicht. Daher bekamen wir eine Zugabe in Form eines Penaltyschießens.

Auch wenn unser Try-Out Spieler Glumac sehr effektiv verwandelte, war es letztendlich Dan Boyle der äußerst souverän zum 3 zu 2 für die Haie verwandelte.

Schade, San Jose hätte eine Niederlage verdient gehabt, aber es sollte nicht sein. Mannheim hat gekämpft bis zum Umfallen, Spieler wie Periard oder Papineau zeigten sich von ihrer besten Seite - das gelang ihnen in der Liga zuletzt nicht. Und das ist auch der einzige Punkt, welcher mich an dem ganzen Abenteuer stört. Sowohl in der European Trophy als auch gegen die Sharks zeigen alle was sie können und sind bis in die Haarspitzen motiviert, sobald es aber wieder gegen Hinterdupfingen in der DEL geht verwandeln sie sich in Mister Lässig bis Fahrlässig. Alles Kopfsache, denn wenn sie wollen, können sie. Mal sehen wie oft wir das diese Saison noch bewundern dürfen.

Von NHL.com: